>> Quelle: Leipziger Volkszeitung Regionalbeilage Delitzsch - 9. 11.2000

Kreisausschuss empört sich über PDS-Politiker

Teilnahme an linker Demo mit provokativem Motto führte Dienstag Abend zum Eklat

organisiert von der Leipziger übergreifenden Arbeitsgruppe Delitzsch Delitzsch. Schwere Vorwürfe erhoben Vertreter der CDU, SPD und FDP im Kreisausschuss des Kreistages am Dienstagabend gegen die PDS und ihre Delitzscher Abgeordneten Dr. Michael Friedrich und Bernd Hickmann wegen ihrer Teilnahme an der linken Demonstration gegen Nazis am vergangenen Sonnabend in Delitzsch.
Dabei war es durch einen Teil der Demonstranten, vornehmlich aus der Leipziger autonomen Szene, zu Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten gegenüber der Polizei gekommen. Durch Flaschen- und Steinwürfe sowie Feuerwerkskörper wurden fünf Polizisten verletzt, einer sogar schwer, berichtete der Chef der Torgauer Polizeidirektion Wolfram Thiele, als er im Kreisausschuss den Verlauf der Demonstration aus Sicht der Polizei noch einmal Revue passieren ließ. Schon in den Koordinierungsgesprächen mit den Anmeldern der Demonstration, dem PDS-Landtagsabgeordneten Falk Neubert und dessen Mitarbeiter Christoph Wittwer, sei klar geworden, dass man mit Ausschreitungen rechnen müsse, weil sich der Veranstalter außer stande gesehen hätte, alle Bündnispartner im Demonstrationszug unter Kontrolle zu haben. Die Polizei entwarf daraufhin ein Deeskalationskonzept, welches auch dann noch umgesetzt worden sei, als die ersten Flaschen und Büchsen auf Polizisten flogen. Auf dem Rückmarsch vom YOZ wurden im Demonstrationszug schließlich auch Feuerwerkskörper gezündet. Das habe ihn veranlasst, den Befehl zum Tragen des Schutzhelmes zu geben, sagte Thiele. Der Veranstalter habe dann über das Innenministerium versucht, diesen Befehl rückgängig zu machen, was allerdings abgelehnt wurde.
Entgegen anders lautender Versicherungen wurde im Demonstrationszug auch ein Plakat mitgeführt, auf dem den Delitzscher Behörden ein "Pakt" mit den Nazis unterstellt wurde. Dass sich hinter diesem Motto auch die PDS-Kreisräte Dr. Michael Friedrich und Bernd Hickmann im Demonstrationszug einreihten, empfand Landrat Czupalla empörend. Als Dr. Friedrich antwortete, dass er es bedaure, keine Demonstration wie in Dessau hinbekommen zu haben und er nicht ahnen konnte, wie sich die Demo in Delitzsch entwickeln würde, schnitt ihn Czupalla das Wort ab. Es sei "eine Frechheit", wie Friedrich hier auftrete, sagte Czupalla, "kein Wort der Entschuldigung gegenüber der Polizei und den hiesigen Behörden".
Heftige Kritik ernteten Hickmann und Friedrich auch von anderen Mitgliedern des Ausschusses. Es sei beschämend, das Verantwortungsträger aus dem Kreis hinter einem solchen Plakat marschierten, meinten übereinstimmend Rita Henke (CDU) und Dieter Schönwitz (SPD). "Sie haben der Stadt und dem Kreis viel Schaden zugefügt, ihnen kann man nicht mehr trauen", so der Delitzscher Bürgermeister Gerd Denef (CDU). Als Dr. Friedrich dann noch den Vorwurf gegenüber der Polizei erhob, warum sie das Alkoholverbot während der Demo nicht durchgesetzt hätte, schlug ihm nur noch eine Welle des Spottes entgegen.
Bernd Hickmann versuchte sich zu rechtfertigen: "Ich war entsetzt über die Teilnehmer und das Motto", aber vieles sei von außerhalb hereingetragen worden. "Wer hinter einem solchen Plakat läuft, der muss sich gefallen lassen, dass er in einen Topf mit den Trägern geworfen wird", so Peter Blechschmidt (FDP), Bürgermeister in Schkeuditz. Auch Ralf Krippner (CDU) akzeptierte die Erklärungsversuche der PDS-Kreisräte nicht. Seit Wochen kursierten Flugblätter und sogar im Internet sei die Absicht der Veranstalter klar zu lesen gewesen. Da könne man sich jetzt nicht hinstellen und behaupten man habe nichts gewusst. Praktisch habe die ganze Aktion zum Gegenteil dessen geführt, was man eigentlich erreichen wollte, sagte Krippner, denn die Familien, die mit ihren Kindern das Geschehen verfolgten, seien eher zu dem Schluss gekommen, dass die Demonstranten ja noch schlimmer seien als die Rechten. "So und vor allem mit dieser Klientel lösen wir die Probleme nicht", resümierte der Landrat und forderte, schnellstens zu konstruktiven Schritten zurück zu finden.
T. S.